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Editorial

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DOI https://doi.org/10.15542/KUR/2010/2/1

Ulf Bischof


Liebe Leser,
die deutschen Museen waren in den letzten Jahren erfolgreich, wenn es um die Wiedererlangung von in den USA auftauchender Diebesbeute aus ihren früheren Sammlungen ging. Das Land Baden-Württemberg erhielt kürzlich das Augsburger Geschlechterbuch zurück, zwar nicht kampflos, aber immerhin. Auch der Freistaat Bayern konnte unlängst einige "alte Bekannte" begrüßen, die seit Kriegsende vermisst wurden. So erfreulich diese Erfolgsmeldungen auch sein mögen, ein Automatismus dergestalt, dass man die oft 1945 von GIs gestohlenen und mitunter mit der Feldpost in die Heimat geschickten Museumsstücke nur einsammeln muss, besteht keineswegs. Zwar ist die US-amerikanische Rechtslage vor allem deswegen günstig, weil es meist keine starren Verjährungsvorschriften gibt. Und die Museeen machen nur allzu gern von dieser Rechtslage Gebrauch, soll heißen, wenn es um die eigenen Verluste geht, sind 65 Jahre keine Zeit, die einer Herausgabeforderung entgegenstehen würden - auch dies ist nachvollziehbar. Dennoch musste jetzt das zur Stiftung Preußischer Kulturbesitz gehörende Vorderasiatische Museum leidvoll erfahren, dass man hierzulande nicht untätig bleiben darf, wenn man andernorts Herausgabe fordern will. Vor allem weil das Vorderasiatische Museum nicht vortragen konnte (oder vorgetragen hat), dass man sich wenigstens nach der deutschen Wiedervereinigung um eine in den Kriegswirren gestohlene, kostbare assyrische Goldtafel bemühte - das heißt Anstrengungen zur Wiedererlangung der Goldtafel unternahm, diese zumindest als Verlust veröffentlichte usw. - ging vor wenigen Wochen ein Rechtsstreit im Bundesstaat New York in erster Instanz verloren. Ein Warnschuss für die bestohlenen Häuser - auch wenn das Unrecht nicht "verjährt", die Untätigkeit kann sich früher oder später rächen.
Eine informative Lektüre wünscht herzlichst Ihr

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