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Editorial

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DOI https://doi.org/10.15542/KUR/2011/1/1

Andrea F. G. Raschèr


Liebe Leserinnen und Leser,
"Die weltt die will betrogen syn", wenn man Sebastian Brant in seinem Narrenschiff folgen will. Seine Worte liegen 500 Jahre zurück, doch haben sie nichts an ihrer Aktualität eingebüßt. Dies zeigen auch die Beiträge der Tagung "Wa(h)re Täuschung" (Zürich, Oktober 2010).
Mischa Senn geht der künstlerischen Aneignung und ihrer rechtlichen Beurteilung nach. Seine Ausführungen oszillieren zwischen der Skylla, den legitimen Strategien der Kunst, und der Karybdis, den illegalen Handlungen im Kunstmarkt. Dabei unterscheidet er zwischen der absichtlichen Täuschung des Rezipienten im künstlerischen Konzept und der Fälschung, die den Abnehmer bewusst täuschen soll. Corina Caduff stellt das Plagiat in Kunst und Wissenschaft ins Zentrum ihrer Ausführungen. Für die Copy/Paste-Generation wird das Plagiat immer mehr zu einem diffusen Etwas. Im Windschatten von Gratiskultur und Gratiskonsum verkommt die Autorenschaft immer mehr zu einem Schlaraffenland der Formulierungen, deren man sich ungehemmt bedienen kann.
Haimo Schack rezensiert eine Publikation, die sich durch einen kreativen Umgang mit Zitaten auszeichnet. Wenn ein juristischer Autor fremdes Geistesgut schlicht übernimmt, um sich eigene Ausführungen zu ersparen, so ist dahinter ein größeres Fragezeichen zu setzen. Schack setzt diesen Umstand in den Zusammenhang mit dem Gesamt-Oeuvre des Autors: Dieses hat den Umfang der Bibel bereits überschritten. Ob die in der Wissenschaft heute geltende Maxime "Publish or perish" für die Qualität des Diskurses förderlich ist, lässt sich anhand dieses Beispiels mit Fug und Recht bezweifeln. Es ist zu hoffen, dass es für den rezensierten Autor nicht auf ein "Publish and perish" hinauskommt. Mitunter können ähnliche Zitatsentgleisungen, wie man sah, jedenfalls sogar zu ministeriellen Erdbeben führen.

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