Skip to content

Verloren und doppelt zurückgewonnen?

Der französische Kunstraub in Deutschland und seine Folgen 1794-1815

DOI https://doi.org/10.15542/KUR/2006/1/2

Bénédicte Savoy


Das, was oft „napoleonischer Kunstraub“ genannt wird, war weder bloß napoleonisch, noch bloß auf Kunst aus. Die großangelegten Konfiszierungskampagnen, die Frankreich ab 1794 in allen von ihm besetzten Ländern Europas durchführte, waren zunächst eine Erfindung des Konvents, ein Beschluss der gesamten Nation, eine republikanische Tat gegen die vermeintliche Gewaltherrschaft der Fürsten. Sie waren sozusagen eine Fortsetzung der revolutionären Konfiszierungen im eigenen Lande und stützten sich auf eine kühne Rechtfertigungsdoktrin, die etwa so lautet: Die Kunst ist ein Produkt der Freiheit. Sie muss vom Joch der Unterdrückung befreit werden und im Land der Freiheit ihre Heimstätte finden – in Frankreich also. Vor einiger Zeit gab diese Doktrin des „befreiten Kulturerbes“, des „patrimoine libéré“, sogar einer Pariser Ausstellung den – unkritischen – Titel. Auf Grundlage dieser Doktrin wurden also alle von Frankreich besetzten Gebiete von Kulturkommissaren bereist, die mehr oder weniger autoritär, aber hochoffiziell und hochkompetent, all das beschlagnahmten, was in ihren Augen dem Allgemeinwohl und der Erziehung der Nation dienen konnte. Sehr berühmt, zumal in Frankreich, sind die auf Befehl des Direktoriums in Italien verübten Raubzüge. Genauso spannend und aufschlussreich sind aber die Geschehnisse im deutschen Raum.

Share


Export Citation