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Editorial

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DOI https://doi.org/10.15542/KUR/2008/5/1

Ulf Bischof


Liebe Leser,
wäre es nicht schön, den Beitrag zum Kunstexport aus Rom mit einer Abbildung eines Werkes von Domenico Cardelli zu illustrieren, denken wir. Da gibt es zwei Kamine, der eine ging in das Marmorpalais nach Potsdam, der andere wurde im Zweiten Weltkrieg in Charlottenburg zerstört. Beide machen sich aber nicht so gut auf Fotos. Die Recherche lenkt uns auf die Spur einer Büste der polnischen Gräfin Marcella Worcell. Zunächst führt die Fährte nach Breslau: "Die hat uns vor dem Zweiten Weltkrieg gehört," dringt es nach vier Weiterleitungen in gebrochenem Englisch aus dem Hörer, "Sie müssen sich an die Ukraine wenden, wir haben nur das Foto." Die Bildbeschaffung wird eine kleine Staatsaffäre. Ausnahmsweise hat sich aber nicht die Büste bewegt, wie sich herausstellt, als der Name Lwow (Lemberg) Fällt. Zu Zeiten Cardellis Österreich zugeschlagen, nach dem Ersten Weltkrieg dann Polen, ab 1944 unter sowjetischer Herrschaft, heute in der Ukraine gelegen. Graf Ossolinski hatte 1817 seine Privatbibliothek als Grundstock für eine Forschungseinrichtung bzw. Sammlung in Lemberg gestiftet. Nach der Grenzänderung zog das sogenannte Ossolineum 1947 von Lemberg nach Breslau. Die Büste der Marcella Worcell blieb jedoch zurück. Auch in der Ukraine schließlich eine freundliche Stimme: "Sagen Sie laut 'Fax', damit die Mitarbeiter Sie verstehen und das Telefon auf unser einziges Fax umstellen können." Es funktioniert. Die Genehmigung wird ohne weiteres erteilt, was hierzulande weitaus schwieriger sein kann.
Marcella Worcell, die galizische Mäzenin, ist wiedergefunden. Nur eine neue Fußnote für den Beitrag zu den Kunstexporten, und doch freuen wir uns, Ihnen dieses Werk Cardellis präsentieren zu können.
Eine informative Lektüre wünscht herzlichst Ihr

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