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Editorial

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DOI https://doi.org/10.15542/KUR/2009/3-4/1

Andrea F. G. Raschèr


Liebe Leserinnen und Leser,
vor wenigen Wochen setzte sich Norman Rosenthal, Sohn jüdischer Flüchtlinge und ehemaliger Kurator der Royal Academy in London, vehement dafür ein, dass keine Nazi-Raubkunst mehr zurückgegeben wird. Sein Diktum löste eine heftige Debatte um den Umgang mit Nazi-Raubkunst aus. Es stimmt zwar, dass die Verbrechen des NS-Regimes nicht über Kunst wiedergutzumachen sind. Aber: Mit der Suche nach fairen Lösungen im Umgang mit Raubkunst - dazu kann auch die Restitution geraubter Kunst gehören - verhindern wir, dass ergangenes Unrecht perpetuiert wird. Deshalb ist Herrn Rosenthals Forderung eine klare Absage zu erteilen.
Dies war auch das Ergebnis der Tagung "Kunst und Recht - Nachwehen des Holocaust", die im Juni am Rietberg Museum in Zürich unter der Ägide des Europainstituts stattgefunden hat. Es zeigte sich klar, dass es kein schwarz/weiß gibt; aber zahlreiche Graustufen, die es in all ihren Schattierungen zu sehen und auszuloten gilt. Klar war, dass auf dem Gebiet der Raubkunst noch viel zu tun ist - hehre Worte genügen nicht mehr. Allzu oft wird weggesehen, darüber hinweggegangen in der Hoffnung, "es" erledige sich durch Zeitablauf. Eine solche Haltung, vor allem aus Kunstkreisen, widerspricht dem hehren Ideal des "Schönen, Wahren, Guten" - vielmehr kehrt sie es in sein Gegenteil: "Hässlichkeit, Lüge, Schlechtigkeit".
Für Kulturmenschen ist dies schlicht inakzeptabel.
Herzlichst Ihr

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