Weiter zum Inhalt

Editorial

free


DOI https://doi.org/10.15542/KUR/2011/2/1

Ulf Bischof


Liebe Leser,
das Urheberrecht treibt manchmal auch seltsame Blüten. Am 3. April wurde der chinesische Künstler Ai Weiwei auf dem Pekinger Flughafen verhaftet. Man lege ihm Wirtschaftsdelikte zur Last, melden die Agenturen, und natürlich kennt sich niemand mit dem chinesischen Steuerrecht aus. Das weiß man auch in Peking. Die KUR möchte sich Ai Weiwei verbunden zeigen und anstelle der üblichen Werbung ein Foto von Ai Weiwei veröffentlichen. Eines erläuternden Kommentars bedarf es dazu nicht.
Am 12. April haben wir uns deswegen mit der Bitte um ein Foto an die Berliner Galerie neugerriemschneider gewandt, die ab 29. April eine Ausstellung mit Werken Ai Weiweis plant. Die Galerie teilt zunächst mit, das dürfte kein Problem sein. Einen Tag später heißt es dann, man werde erst kurz vor der Ausstellungseröffnung Abbildungen zur Verfügung stellen können. Wir wollen zugunsten der Herren Neuger und Riemschneider annehmen, dass es hier um zeitlich eingeschränkte Nutzungsrechte an bestimmten Fotografien Weiweis und nicht um mediale Interessen im Hinblick auf die Ausstellungseröffnung geht - alles andere wäre schimplich. Wenn aber das Urheberrecht oder dessen momentane Sachwalter verhindern, dass aus gegebenem Anlass ein Foto aus dem Umkreis des Ateliers des inhaftierten Künstlers gedruckt wird, ist das ebenso beklagenswert. Was wohl Herr Weiwei zu seinen Interessenvertretern sagt, wenn er hoffentlich bald aus der Haft entlassen wird? Die Ausstellungseröffnung bei neugerriemschneider in Berlin wird gewiss ein Erfolg, exklusiv wird man dann auch seine Solidarität mit Ai Weiwei bekunden.
Eine informative Lektüre wünscht herzlichst Ihr

Empfehlen


Export Citation