Skip to content

Der Fall Simon Bauer vor dem französischen Kassationsgerichtshof

Wie historische Gesetze in Frankreich zur Lösung aktueller Raubkunst­fälle beitragen

DOI https://doi.org/10.15542/KUR/2020/5/3

Johannes von Lintig


In seiner Entscheidung vom 1. Juli 2020 bestätigt der französische Kassationsgerichtshof (Cour de cassation) die Verurteilung eines US-amerikanischen Sammlerehepaares zur ersatzlosen Herausgabe eines Gemäldes (Cueillette des pois des Impressionisten Camille Pissarro) an die Erben des Unternehmers und Kunstsammlers Simon Bauer. Diesem war das Gemälde 1943 während der deutschen Besetzung Frankreichs verfolgungsbedingt entzogen worden. Die Erben stützten ihre Klage auf die Verordnung vom 21. April 1945, einen Gesetzestext aus der Nachkriegszeit, der die Restitution widerrechtlich entzogener Vermögensgüter an ihre früheren Eigentümer sicherstellen sollte. Die Beklagten erwarben das Gemälde 1995 – vermutlich gutgläubig – bei einer Auktion in New York. Gleichwohl schließt die Verordnung von 1945 in ihrem Anwendungsbereich einen gutgläubigen Eigentums­erwerb weitestgehend aus. Mit der Entscheidung bestätigt das Gericht nunmehr, dass dies auch für Erwerbungen gilt, die nach dem Ende der deutschen Besatzung getätigt worden sind – mit weitreichenden Folgen für Praxis und Handel. Eine hierdurch bedingte Verletzung der Grundrechte der Betroffenen erkannte das Gericht nicht.

Johannes von Lintig 1

1 Johannes von Lintig, Diplomjurist, Maître en droit (Paris X) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsprojekt „Restatement of Restitution Rules“ unter der Leitung von Prof. Dr. Matthias Weller, Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Professur für Bürgerliches Recht, Kunst- und Kulturgutschutzrecht, Universität Bonn. Begleitend promoviert er bei diesem zu einem restitutionsrechtlichen Thema.

Share


Export Citation