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Editorial

DOI https://doi.org/10.15542/KUR/2019/2/1

Ulf Bischof


Liebe Leser,

sollen wir sie Parthenon oder Elgin Marbles nennen, womit der Streit schon begrifflich vorgegeben ist. Manche Dispute sind derart alt und festgefahren, dass eine Lösung kaum denkbar erscheint. Auf der anderen Seite lassen sie sich auch nicht aussitzen, sondern belasten als schwelendes Ärgernis die Beziehungen der Protagonisten. Die Erfahrung lehrt, dass gerade verlorene Schätze eine emotionale Bindung hervorrufen und im kulturellen Verständnis plötzlich einen höheren Stellenwert erlangen, als unangetastet je zuvor. Das war schon nach den Raubzügen Napoleons durch Europa so. Gerade der Verlust kann bewusstseinserweckend sein und identitätsstiftend wirken, ein Gefühl, das durch die mangelnde Rückgabebereitschaft des „Eroberers“ nur noch verstärkt wird. Dass selbst für scheinbar aussichtslose jahrhundertealte Konflikte noch befriedende Kompromisse gefunden werden können, zeigt die Vereinbarung zum Kulturgüterstreit Zürich-St. Gallen, an den Andrea Raschèr und Markus Bucheli erinnern und als Blaupause auch für die Parthenon Marbles sehen. Sie meinen, es müsse um den Standort und weniger die eigentumsrechtliche Position gehen. Würde dies als allein ergebnisorientierte Voraussetzung so akzeptiert, könne eine Dauerleihgabe an Griechenland den gordischen Knoten durchhauen. Für den Besucher des Akropolis Museums macht es zugegeben auch keinen Unterschied, wem die Objekte gehören. Florian Schmidt-Gabain denkt eher an eine Aufteilung der „Marbles“ in einem ausgeklügelten Wunschlistenverfahren und damit auch die eigentumsrechtliche Zuordnung der jeweiligen Stücke an die beteiligten Länder. So oder so, es braucht sicher einen Mittler und besser Politiker mit etwas Abstand als nur Museumsträger für solche Gespräche.

Eine informative Lektüre wünscht herzlichst Ihr

Ulf Bischof

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