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Vergiftete Traditionen

Was haben die Judensau-Skulpturen in den Kirchen mit dem Neuen Testament zu tun?

DOI https://doi.org/10.15542/KUR/2020/2/3

Julius H. Schoeps


Mittelalterliche Judensau-Skulpturen und Bildmotive, die in zahlreichen Kirchen angebracht oder auch auf Gemälden zu sehen sind, haben durch die Jahrhunderte das Bewusstsein und das Denken der Deutschen zutiefst geprägt – und prägen es vielfach noch heute. Schimpfwörter wie “Judensau“, „Judenschwein“ oder „Saujude“ haben in diesen Skulpturen und Abbildungen des Hochmittelalters ihren Ursprung. Sie wirken, wie gesagt, bis in unsere Gegenwart. Die Judensau-Skulpturen sind Schmähungen, die zudem noch einen obszönen Charakter haben. Sie begleiten uns Juden durch die Zeiten. Sich ihnen zu entziehen, ist so gut wie unmöglich. Was grölten einst die Corpsstudenten und Judenfeinde auf den Straßen der Weimarer Republik? „Knallt ab den Walter Rathenau, die gottverdammte Judensau“? Das zielte ganz bewusst auf die Ermordung des damaligen deutschen Außenministers. Der Fall zeigt, dass es von der Schmähung zur Tat mitunter keines längeren Nachdenkens und Zögerns bedarf.

Julius H. Schoeps 1

1 Prof. Dr. Julius H. Schoeps ist Vorstandsvorsitzender der Moses Mendelssohn Stiftung, Berlin. Der Beitrag erschien am 23.4.2020 in der Jüdischen Allgemeinen.

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