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Einschränkung der Filmfreiheit durch Eigentum?

Anmerkungen zu Landgericht Berlin, Urteil vom 10.5.2012 - Az. 16 O 199/11 (abgedruckt in diesem Heft, S. 178 ff.)

DOI https://doi.org/10.15542/KUR/2012/5/3

Benjamin Raue


Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) wenden jedes Jahr mehr als 5 Mio. Euro auf, um Graffiti, Scratchings und andere Sachbeschädigungen zu beseitigen. Die kriminelle Energie einiger Sprayer ist teilweise beachtlich: Sie sägen Eisentore auf, um in Zugdepots zu gelangen und dort Züge von innen und außen vollständig zu besprühen. Sie schrecken nicht einmal davor zurück, Züge auf U-Bahnhöfen mit der Notbremse zu stoppen und dann im Team einen Wagen vollzusprayen. Vor diesem Hintergrund ist verständlich, dass die BVG diesem Phänomen wenig Sympathie entgegenbringen. Anschauen kann man solche Aktionen in der Filmdokumentation „Unlike U“. Sie porträtiert die Berliner Trainwriter-Szene, zeigt mit Handkameras gefilmte Sprühaktionen und lässt die Protagonisten ausführlich zu Wort kommen. Diese sprechen von Nervenkitzel, Straßenkunst, Selbstverwirklichung, aber auch darüber, dass es sie stolz macht, wenn von ihnen besprayte Züge durch Berlin fahren und von anderen gesehen werden. Fotos ihrer Graffiti kleben sie in sogenannte Blackbooks, um sich mit anderen Sprayern austauschen und vor ihnen angeben zu können. Auch die Dokumentation verschafft ihnen Aufmerksamkeit, und wahrscheinlich aus dem Grund versuchen die BVG, dem Produzenten und Regisseur die Verbreitung der Filmdokumentation gerichtlich verbieten zu lassen. Dafür greift die BVG auf die erstaunliche Argumentation zurück, die Verbreitung des Films verletze ihr Eigentumsrecht, weil große Teile der Dokumentation auf ihrem Betriebsgelände oder in ihren U-Bahnwaggons gedreht worden seien. Noch erstaunlicher ist, dass die BVG damit in erster Instanz vor dem Landgericht Berlin Erfolg hatten.

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